Griechenland – Argentinien 0:2 / Nigeria – Südkorea 2:2

Vorbericht

  • Otto gegen Diego Armando – das hätte sich unser rüstiger Rentner Rehhagel auch nicht träumen lassen, dass er bei diesem Turnier nochmal in die Trickkiste greifen muss, um seine Griechen ins Achtelfinale zu manövrieren. Ein Sieg gegen die Gauchos (bei denen Maradona nicht selbst auflaufen wird, weil er tatsächlich noch 11 andere Spieler gefunden hat, die er nicht zu schonen braucht) bei gleichzeitigem Unentschieden in der anderen Partie und der Spaß geht weiter. Obwohl ich die griechische Spielweise jetzt nicht unbedingt mit Spaß in Verbindung bringen würde.
  • Rein theoretisch könnte Argentinien sogar noch ausscheiden, zwei Kantersiege von Griechenland und Südkorea vorausgesetzt. Da lacht selbst der Chaostheoretiker, der Utopieforscher und der Paralleluniversumsanalytiker.
  • Ich schaue mir Nigeria gegen Südkorea an (läuft auf dem ZDF infokanal), da wird meiner Meinung nach der zweite Platz hinter Argentinien ausgespielt. Der nigerianische Fußballverband hat mit großer Wahrscheinlichkeit per SMS ein Rundschreiben an die südkoreanischen Spieler verteilt, wonach sich im Falle einer deutlichen Niederlage mit Sicherheit irgendwo im Land ein reicher Erbprinz finden ließe, der sie adoptieren und ihnen eine Heidensumme aufs Konto überweisen würde. Blöd nur, dass der Südkoreaner moderne Spamfilter auf seinem Samsung-Handy installiert hat.
  • Dass der Nigerianer nach zwei Niederlagen überhaupt noch eine Chance hat, ist schon sensationell. Den dominierenden Südamerikanern sei Dank. Meiner Meinung nach könnte sich heute einer der potenziell stärksten Afrikaner aus dem Turnier verabschieden. Südafrika und Kamerun sind ja bereits draußen. Ghana hat einen Torwart, der ihnen spätestens in der Ausscheidungsrunde das Weiterkommen unmöglich machen dürfte. Algerien hat schlechte Karten als aktuell Letzter der Gruppe und die Elfenbeinküste müsste Nordkorea hoch zweistellig vom Platz schießen, um noch eine Chance zu haben.  Afrika scheint die WM schon in der Vorrunde zu verlieren.

Nachbericht

  • Jetzt habe ich beim Vorbericht glatt vergessen, dass Ottos Mannen bei einem Sieg von Nigeria auch ein Unentschieden genügt hätte. Das sei hiermit nachgetragen. Letzten Ende ja nur reinste Punktetheorie, denn was ich so gesehen habe, hatte Rehakles Messi wirklich in Manndeckung nehmen und die Vielzahl seiner Stürmer auf der Bank sitzen lassen, obwohl er Tore gebraucht hätte. Zwischen Geniestreich und Altersstarrsinn liegt manchmal nicht viel.
  • Ich habe doch zwischen beiden Begegnungen hin- und hergeschaltet, weil Poschmann auf dem ZDF infokanal die ersten Tore schon verkündet hatte, als der Ball noch nicht mal auf dem Fuß des Schützen lag. Oben drauf haute er wieder die Hammersprüche raus („Langkornreis. Der gute Langkornreis hat den Südkoreaner über die Jahre wachsen lassen“), da blieb kein Finger weg von der Fernbedienung.
  • Nigeria hat sich erneut selbst rausgeschossen. Die Mannschaft versiebte zwei Hundertprozentige so dermaßen brutal, dass sogar Trainer und Oberstoiker Lagerbäck für seine Verhältnisse vollkommen durchdrehte und sich gnadenlos durchs Haar fuhr.  Nun darf der Südkoreaner im Achtelfinale gegen Uruguay ran. Vielleicht isst er bis dahin extra viel Langkornreis und wächst weiter über sich hinaus. Den Spruch schenke ich Poschi.

Frankreich – Südafrika 1:2 / Mexiko – Uruguay 0:1

Vorbericht

  • Bei dem Franzos‘ ist was los! Action, Drama, Betroffenheit und harte Worte – hätte die Mannschaft auf dem Platz diese Einstellung mit ihrer bis dato auf dem Rasen zur Schau gestellten „pas de boc“-Attitüde getauscht, wären jetzt ein paar points mehr auf dem Konto.
  • Va te faire enculer, sale fils de pute! Diese Worte soll Nicolas Anelka seinem Trainer Domenech in der Halbzeitpause des Spiels gegen Mexiko verbal angedeiht haben lassen.  Hört sich jetzt nicht so schlimm an, wenn man des Französischen nicht mächtig ist. Könnte auch ein Gericht mit Pute und Salzkartoffeln sein – et bon appétit! Aber das ist eh das Problem unserer lieben Nachbarn: selbst wenn sie fluchen, hört es sich wie eine Liebeserklärung oder was zum Essen an. Deshalb brauchen sie auch eine Zeitlang, um den bösen Kern zu begreifen, aber dann heißt es sofort Revolution und ab die Rübe.
  • Wie soll ich die Beschimpfung  jetzt am besten übersetzen? Vielleicht so: Liberté, Egalité et Fraternité war gestern, heute lautet das Motto Kopulité in Allerwertesté, männlicher Nachkommé einer Prostituierté. Nach der Suspendierung von Anelka wollte die Mannschaft nicht mehr trainieren, Domenech selbst(!) las eine Erklärung der Streikenden vor  – es hätte nur noch gefehlt, dass diese mit „Wer das liest, ist doof“ begonnen hätte. Und Sarkozy schickt seine Sportministerin runter ans Kap. Jetzt mal ehrlich: wenn Monty Python einen neuen Film drehen wollten, könnten sie sich doch kein besseres Skript ausdenken. Domenech in der Fortsetzung von „Die Ritter der Kokosnuss“ auf der Suche nach dem heiligen Pokal, Thierry Henry besorgt per Hand die Klangkulisse, während Sarkozy den beiden aus seiner Burg eine Kuh auf den Kopf katapultiert.
  • Heute sind beide Partien zeitgleich für 16 Uhr angesetzt, damit keiner auf das jeweils andere Ergebnis reagieren kann. Eigentlich haben weder Franzosen noch Südafrikaner eine Chance aufs Weiterkommen. Beide benötigen einen hohen Sieg (jetzt ham wa mal herzhaft gelacht) und es darf kein Unentschieden zwischen Uruguay und Mexiko geben. Weshalb ich dennoch das Duell der l’équipe tricolore mit dem Gastgeber schauen werde? Weil ich sehen will, ob die französischen Zuschauer zur Halbzeitpause eine Guillotine am Anstoßkreis aufbauen.

Nachbericht

  • 26. Spielminute im Stadion zu Bloemfontein: Gourcuff erhält die rote Karte. Wieder ein Ellbogen zuviel im Gesicht. Ich glaube, in dem Moment sind in den Wettbüros die Quoten für ein Weiterkommen Frankreichs etwa auf das Niveau einer noch heute stattfindenden Invasion aus dem Weltall durch braune Gummibärchen in rosafarbenen Untertassen  gestiegen. Aber mal ohne Witz: weshalb gibt es für solche Vergehen nicht so etwas wie eine Zeitstrafe? Rot ist übertrieben, zieht man nur Gelb, machen es alle Spieler. Aber bevor die FIFA sich mit solchen Regeländerungen beschäftigt, halte ich lieber weiter abends Ausschau nach Gummibärchen.
  • Die Südafrikaner waren deutlich mehr bemüht, gingen verdient in Führung (selbst der sonst sichere Lloris hat sich vom Chaos in der Truppe anstecken lassen), spielten ständig nach vorne. Aber ich war mir weiterhin recht sicher, dass es vergebene Mühe sein würde. Auf dem anderen Platz nämlich erschien ein 0:1 gerade als ein ganz tolles Ergebnis: kein Anzeichen von gemauscheltem Unentschieden und beide weiter. Damit sind die Südafrikaner wirklich die ersten Ausrichter einer WM, deren Mannschaft die Vorrunde nicht überstanden hat. Schuld war die zu hohe Zahl an Gegentoren im Spiel gegen Uruguay, denn mit dem Mexikaner konnte man ja punktemäßig gleichziehen. An solchen Kleinigkeiten kann es hängen.
  • Frankreich hat ein Tor erzielt, dazu noch das bisher einzige in Unterzahl! Allez les Bleus! Und zwar directement nach Hause. Immerhin: so bis auf die Knochen blamieren können sich unsere Jungs schon gar nicht mehr. Clevererweise hat man 2016 die EM zu Hause und muss nicht wieder jemandem das Ticket für eine Endrunde rauben, um es dann umgehend im Papierkorb der fußballerischen Tristesse zu versenken.


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